Figurentheater,  Schule,  Theaterpädagogik

Figurentheater und Schule

Figurentheater in der Schule? Da denken viele erst einmal an Kasperle und Handpuppen, an lustige Nachmittage im Stuhlkreis oder vielleicht an eine Bastelaktion mit Socken. Doch Figurentheater kann weit mehr sein als Unterhaltung. Es ist ein kraftvolles, niedrigschwelliges Werkzeug, das Kinder in ihrer Entwicklung stärkt, Perspektivwechsel ermöglicht – und dabei auch noch Spaß macht.

Warum Figuren wirken

Puppen sprechen eine andere Sprache. Sie sind Stellvertreter, Projektionsfläche, Freund und Spiegel zugleich. In ihrer scheinbaren Einfachheit liegt ein Zauber, der Türen öffnet – besonders bei Kindern, die sich sonst vielleicht schwer tun, über Gefühle oder Konflikte zu sprechen. Eine Figur kann trösten, provozieren, Fragen stellen oder Widerspruch üben – ohne dass sich ein Kind direkt angegriffen fühlt.

Figuren sind Vermittler zwischen Innen- und Außenwelt. Sie schaffen emotionale Distanz – und gerade dadurch ermöglichen sie Nähe.

Einsatzmöglichkeiten im Schulalltag

Figurentheater lässt sich vielseitig im schulischen Kontext integrieren – ohne dass man gleich eine große Bühne braucht. Einige Beispiele:

  • Sozialkompetenztraining: Streitfiguren, die typische Konflikte nachspielen, bieten einen Einstieg in Gespräche über Gefühle, Grenzen und Lösungen. Kinder erleben sich selbst in neuen Rollen – mal als Vermittler, mal als Täter, mal als Opfer.
  • Sprachförderung: Scheue Kinder, die sich im Unterricht kaum trauen, erblühen hinter einer Puppe. Plötzlich sprechen sie laut, deutlich und mit Freude – denn „die Figur spricht“.
  • Phantasie und Ausdruck: Figuren regen zum Erzählen an. Sie helfen beim Erfinden eigener Geschichten und bieten gleichzeitig eine Struktur für Kinder, die sich im freien Spiel schnell verlieren.
  • Rituale und Übergänge: Eine Puppe kann den Schulalltag strukturieren, z. B. als Begrüßungsfigur, Geschichtenerzähler oder „Fragenträger“ am Wochenanfang.

Erste Schritte – auch ohne Theaterausbildung

Man muss kein professioneller Puppenspieler sein, um Figurentheater im Unterricht oder in der Schulsozialarbeit einzusetzen. Wichtig ist vor allem die Haltung: Spielfreude, Offenheit und Mut zur Improvisation. Oft reichen schon einfache Materialien:

  • Sockenfiguren, Stabpuppen, Fingerpuppen oder selbst gebastelte Figuren aus Holzlöffeln
  • Ein kleiner Paravent, ein Stuhl mit Tuch oder eine Kiste als Bühne
  • Ein Thema, das die Kinder bewegt: Freundschaft, Angst, Mut, Gerechtigkeit…

Was Kinder durch Figurenspiel lernen

  • Ich kann mich zeigen – auch ohne Worte.
  • Ich darf Rollen ausprobieren.
  • Ich lerne, mich in andere hineinzuversetzen.
  • Ich erfahre, dass es viele Sichtweisen gibt.
  • Ich entwickle Ideen, wie man mit Konflikten umgehen kann.

Mein Tipp aus der Praxis

Fang klein an. Lass die Kinder einer Figur einen Namen geben. Frag: Was mag sie? Was fürchtet sie? Was wünscht sie sich? Schnell entsteht daraus ein lebendiges Wesen, das mit in den Schulalltag einzieht – und oft bleibt es länger, als man denkt.


Figurentheater in der Schule ist kein Luxus, sondern eine Einladung zur Menschlichkeit. Es verbindet Kopf, Herz und Hand – und genau das brauchen Kinder heute mehr denn je.

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